EU-Vorschlag für Zertifizierungsrahmen von natürlicher und technischer CO₂-Entnahme

Die EU-Kommission hat mit dem 30.11.2022 einen Vorschlag zur zuverlässigen Zertifizierung von CO₂-Entnahme-Technologien veröffentlicht. Relevant ist der Zertifizierungsrahmen durch die daraus hervorgehende Möglichkeit der Quantifizierung, der Transparenzsteigerung sowie der Verbesserung der Fördermöglichkeit von innovativen Lösungen zur CO₂-Entnahme. Zusätzlich entsteht eine verifizierbare Basis, die Potenziale der CO₂-Entnahme-Technologien sich an den Klimazielen anrechnen lassen zu können. Verdeutlicht wird dies durch die Pressemitteilung der EU-Kommission: „Dieser Vorschlag ist von entscheidender Bedeutung, […], bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu werden.“ 

Hintergrund:

Die Zielsetzung der Europäischen Union, Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, läuft analog zu den vertraglich eingegangenen Verbindlichkeiten der 21. Klimakonferenz von Paris (2015). Ausgehend davon ist das Ziel, eine temperaturbedingte Beschränkung der durchschnittlichen globalen Klimaerwärmung auf deutlich unter 2° C, gegenüber vorindustriellen Werten (1850-1900), einzuhalten. Dafür notwendig ist eine Minimierung der derzeitigen Treibhausgasemissionen entlang eines vorgegebenen Emissionspfades Richtung Klimaneutralität. Diese Minimierung wird durch den Einsatz von konventionelle Klimaschutzmaßnahmen sowie durch die Erweiterung des Europäischen Emissionshandels in Zukunft verfolgt. Dennoch kommunizieren belastbare Untersuchungen, wie der Climate Change Report des (IPCC), bereits seit dem Jahr 2018, dass das Netto-Null-Ziel der EU bereits heute nur durch den Einsatz von CO₂-Entnahme erreicht werden kann. Dies ergibt sich zum einen aus der vergangenen unzureichenden Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sowie der Berücksichtigung sogenannte „Residualen Emissionen“ . Damit gemeint sind schwer substituierbare Restemissionen bestimmter Sektoren. Hauptsächlich sind diese dem Luftverkehr, einzelnen Industriebranchen und der Landwirtschaft zuzuschreiben. Darüber hinaus verpflichtet die Abschlussbestimmung der 21. Klimakonferenz von Paris (2015) bereits heute nach 2050 negative Emissionen zu erreichen (Artikel 4.1).

 

 

Transparenz und Glaubwürdigkeit des Zertifizierungsverfahrens

Der vorgeschlagene Zertifizierungsrahmen basiert auf den sogenannten vier QUALITY-Kriterien, welche auf Vorschriften und Regeln basieren, um möglichen „Greenwashing“ – Aspekte und/oder ähnlichen Thematiken vorzugreifen.

  1. Quantifizierung: Die Tätigkeiten zur CO₂-Entnahme müssen genau gemessen werden und eindeutige Vorteile für das Klima bringen.
  2. Additionality (Zusätzlichkeit): Maßnahmen zur CO₂-Entnahme müssen über die bestehenden Verfahren und die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen hinausgehen.
  3. Langfristige Speicherung: Die Zertifikate sind an die Dauer der CO₂-Speicherung geknüpft, um eine dauerhafte Speicherung zu gewährleisten.
  4. Sustainability (Nachhaltigkeit): Maßnahmen zur CO₂-Entnahme müssen die Nachhaltigkeitsziele in Bereichen wie Anpassung an den Klimawandel, Kreislaufwirtschaft, Wasser- und Meeresressourcen sowie biologische Vielfalt wahren.

Arten der CO₂-Entnahme

Das vorgeschlagene Zertifizierungsverfahren berücksichtigt drei verschiedene Verfahren zur Entnahme von Kohlenstoff.

  1. Dauerhafte Speicherung durch industrielle Technologien wie BECCS (Bioenergie mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung) oder DACCS (direkte CO₂-Abscheidung aus der Luft und -Speicherung). Relevant hierbei ist die Speicherung in stabiler Form.
  2. Klimaeffiziente Landwirtschaft beinhaltet das Potenzial, die CO₂-Speicherung in Böden und Wäldern zu verbessern. Beispielsweise sind ungehobene Potenziale in der Agroforstwirtschaft, der Wiederherstellung von Wäldern, der angepassten Bodenbewirtschaftung vorhanden. Ebenfalls stellt die Wiederherstellung von Torfflächen eine natürliche Weise dar, CO₂ auf Landflächen zu speichern. Zur Verdeutlichung schätzt die EU-Kommission dem LULUCF-Sektor ein netto Entnahmepotenzial von 310 Mio. t CO₂ p.a. zu.
  3. Atmosphärisches CO₂, welches durch natürliche oder technische Abscheidung in Produkten gebunden wird, ist durch den Zertifizierungsrahmen abgedeckt. Jedoch erfolgt hierbei die Abgrenzung zwischen der Entnahme von atmosphärischem CO₂ und fossilem CO₂. 

Folgen eines belastbaren Zertifizierungsrahmen

Anhand eines belastbaren Zertifizierungsrahmen eröffnet die EU-Kommission CO₂-Entnahme-Technologien einen neuen Markt zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung. Bis zu Veröffentlichung des Vorschlags zur Zertifizierung von CO₂-Entnahme-Möglichkeiten lässt sich die These aufstellen, dass diese Technologien keinen Zugang zu einem Markt für langfristigen Schulden hatten. Auf Basis eines belastbaren Zertifizierungsrahmen würde sich dies grundlegend ändern. Zusätzlich ist aus wirtschaftswissenschaftlicher Sichtweise bekannt, dass die zukünftigen Markteintrittskosten jeglicher Entwicklungs-Technologien stark von ihren vorherigen Finanzierungskosten abhängig sind.
Demgegenüber ist zu betonen, dass die vorgeschlagenen CO₂-Entnahmezertifikate nicht mit den Emissionsberechtigungen des EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) zu vergleichen sind. Es wird zukünftig nicht möglich sein, die zertifizierte CO₂-Entnahme für die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem EU-Emissionshandelssystem anzuwenden.

 

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