Seit dem Beginn der vierten Emissionshandelsperiode im Jahr 2021 gibt es neue Regeln zur Beantragung der Strompreiskompensation. Unter anderem haben sich die antragsberechtigten Wirtschaftssektoren verändert. Mit diesem Beitrag möchten wir insbesondere den neu antragsberechtigten Unternehmen eine erste Orientierung zur Beantragung von Beihilfen zur Kompensation indirekter CO2-Kosten (Strompreiskompensation, SPK) geben.

GALLEHR+PARTNER® unterstützt Unternehmen seit Anfang der Strompreiskompensation 2013 bei der Beantragung der Beihilfe. Für detailiertere Auskünfte und weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Was ist Strompreiskompensation?

Hohe Strompreise haben einen großen Einfluss auf energieintensive Wirtschaftssektoren. Dies ist zum Teil den hohen Emissionszertifikatspreisen geschuldet, die Stromproduzenten bezahlen müssen und im Strompreis an ihre Kunden weitergeben. Steigende Emissionspreise bedeuten folglich steigende Stromkosten, was eine potentielle Gefahr für betroffene Sektoren darstellt. Stromintensive Unternehmen könnten ihre Aktivitäten auf Standorte außerhalb der Europäischen Union verlagern um somit hohe Emissionspreise zu umgehen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Hier kommt die Strompreiskompensation (SPK) ins Spiel:

Um gegen die Gefahr der Produktionsverlagerung, sogenanntes Carbon Leakage, aktiv vorzugehen, können ausgewählte Sektoren ihre im Strompreis enthaltenen indirekten CO2-Kosten seit 2013 finanziell kompensieren.

Für wen ist Strompreiskompensation interessant?

Die zuständige EU-Leitlinie definiert Sektoren, in denen die Gefahr der Verlagerung gegeben ist. Hierzu zählen Sektoren, in denen:

  • die Energiekosten einen wesentlichen Anteil der „Bruttowertschöpfung“ ausmachen
  • in erheblichem Umfang internationaler Handel stattfindet
  • Gewinnspannen durch weltweiten Wettbewerb unter Druck stehen
  • Verbesserung der Energieeffizienz nur begrenzt möglich ist

Da die Beihilfen an den Stromverbrauch von Anlagen anknüpfen, ist auch nicht entscheidend, ob die Anlagen vom EU-ETS erfasst sind oder nicht. Grundlage für die Gewährung der Beihilfen ist die vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2013 erlassene Förderrichtlinie.

Ab dem Beihilfejahr 2021 sind folgende Sektoren beihilfefähig:

Strompreiskompensation beihilfefähige Sektoren 14.11 Herstellung von Lederbekleidung, 24.42, Erzeugung und erste Bearbeitung von Aluminium, 20.13 Herstellung von sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien, 24.43 Erzeugung und erste Bearbeitung von Blei, Zink und Zinn, 17.11 Herstellung von Holz- und Zellstoff, 17.12 Herstellung von Papier, Karton und Pappe, 24.10 Erzeugung von Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen, 19.20 Mineralölverarbeitung, 24.44 Erzeugung und erste Bearbeitung von Kupfer, 24.45 Erzeugung und erste Bearbeitung von sonstigen NE-Metallen, Folgende Teilsektoren innerhalb des Kunststoffsektors (20.16): 20.16.40.15 Polyethylen in Primärformen, Alle Produktkategorien im Sektor Eisengießereien (24.51), Folgende Teilsektoren innerhalb des Glasfasersektors (23.14): 23.14.12.10 und 23.14.12.30, Matten aus Glasfasern Vliese aus Glasfasern Folgende Teilsektoren innerhalb des Industriegassektors (20.11): 20.11.11.50 und 20.11.12.90 Wasserstoff Anorganische Sauerstoffverbindungen der Nichtmetalle
Sektoren, für die angesichts der indirekten CO2-Kosten davon ausgegangen wird, dass ein tatsächliches Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht – Quelle: Anhang I aus der EU-Leitlinie

Dabei sind für die Antragsberechtigung die im Unternehmen hergestellten Produkte maßgeblich, die Zuordnung eines Unternehmens zu einem bestimmten Wirtschaftszweig ist nicht entscheidend.

Welche Gegenleistungen sind zu erbringen?

Um trotz Beihilfe einen Anreiz zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu setzen, verpflichtet die EU-Kommission in ihrer Leitlinie die Unternehmen nicht nur zum Energiemonitoring sondern auch zu Maßnahmen zur Reduktion dieser Emissionen innerhalb ihrer Unternehmen.

Im Detail sind alle Beihilfeempfänger verpflichtet Energieaudits durchzuführen oder ein Energiemanagementsystem zu betreiben. Darüber hinaus verpflichtet die EU-Kommission die Unternehmen entweder

  • Empfehlungen des Audit-Berichts umzusetzen, soweit die Amortisationszeit für die einschlägigen Investionen 3 Jahre nicht übersteigt und die Kosten für ihre Investionen verhältnismäßig sind, oder
  • den CO2 -Fußabdruck ihres Stromverbrauchs zu verringern, so dass sie mindestens 30% ihres Strombedarfs aus CO2 -freien Energiequellen decken, oder
  • einen Anteil von mindestens 50% des Beihhilfebetrags in Projekte zu investieren, die zu erheblichen Verringerungen der Treibhausgasemissionen der Anlage führen, deutlich unter die anwendbare Benchmark, die für die kostenlose Zuteilung im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems herangezogen wird.

Die Übertragung der EU-Richtlinie in nationales Recht steht zum heutigen Zeitpunkt (11.05.2022) noch aus.

Voraussichtlich wird sich die zukünftige nationale Förderrichtlinie an die BEHG-Carbon-Leakage Verordnung (BECV) anlehnen, wobei der Gesamtenergieverbrauch fossiler Brennstoffe durch den Gesamtstromverbrauch ersetzt wird. Diese Verordnung gilt für die Abrechnungsjahre 2021 bis 2030. Sie enthält sowohl Regelungen bezüglich der wirtschaftlichen Zumutbarkeit von Klimaschutzmaßnahmen als auch zu den verlangten Umsetzzeiten und Nachweispflichten. Hervorzuheben ist, dass darin die Deadline für die Einführung eines zertifizierten Energiemanagement- oder Umweltmanagement-systems für Unternehmen der 1. Januar 2023 ist. Weiterhin werden ab dem Abrechnungsjahr 2023 pro Jahr Klimaschutzinvestitionen gefordert. Deren Höhe soll dabei mindestens 50% der, im vorhergehenden Jahr erhaltenen, Beihilfesumme betragen. Es müssen aber nur Maßnahmen, welche wirtschaftlich durchführbar sind, umgesetzt werden.  Das Gesamtinvestitionsvolumen kann aufgrund dieser Vorbedingung der Wirtschaftlichkeit daher auch die Mindestschwelle von 50% unterschreiten.

Die Nachweise über das Energiemanagementsystem und die Klimaschutz-Maßnahmen sollen vorrausichtlich ebenfalls über die BECV geregelt werden. Der Nachweis über die Herkunft des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommt hinzu.

Wie hoch ist die Beihilfe?

In der Leitlinie der europäischen Kommission wird die staatliche Unterstützung auf ein Maximum von 75% der indirekten CO2-Kosten beschränkt. Zum Vergleich: Zu Beginn der 3. Handelsperiode galt noch ein Wert von 85%. Dieser Wert gilt als erforderlich, um Carbon-Leakage zu verhindern. Die Beihilfehöhe richtet sich jeweils nach dem Stromverbrauch und der produzierten Menge des beihilfefähigen Produktes.

Für einen Teil der beihilfefähigen Produkte existieren spezifische Stromeffizienzbenchmarks. Sie legen fest, welcher Stromverbrauch in Megawattstunden pro produzierter Tonne des Produkts für die Berechnung der Beihilfe angesetzt wird. Die Berechnung der Beihilfe richtet sich in diesen Fällen also nach der produzierten Menge, die in Tonnen Produkt angegeben wird. Für beihilfefähige Produkte ohne Benchmark richtet sich die Beihilfe nach dem Stromverbrauch für die Herstellung dieser Produkte. Ziel ist es, einen Anreiz für effiziente Produktion zu setzen.

Die Summe der Beihilfen aus dem Jahr 2020 betrug 832 Mio. € und teilte sich wie folgt auf die verschiedenen Branchen auf.

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SPK Beihilfe nach Branche – Quelle: Auszug aus dem SPK-Bericht 2020

Wie erhalte ich Beihilfe?

Der Antragsprozess wird durch die DEHSt administriert und ist lediglich online durchführbar. Da die Beihilfen einen Teil der indirekten CO2-Kosten des jeweiligen Vorjahrs ausgleichen sollen, werden sie nachträglich für ein abgelaufenes Kalenderjahr beantragt. Dies geschieht über das Formular Management System (FMS) der DEHSt. Untenstehende Grafik veranschaulicht den Antragsprozess. Der Antragsteller muss hierfür zunächst seine erfassten Daten in das FMS eingeben. Der Wirtschaftsprüfer erhält anschließend das FMS-Bearbeitungsrecht, prüft den Antrag, signiert ihn in der virtuellen Poststelle (VPS) und sendet den Antrag an die VPS des Antragstellers. Der Antragsteller muss nun ebenfalls seine Signatur hinzufügen. Abschließend kann der Antrag an die DEHSt gesendet werden.

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Ablauf der Antragstellung für die Strompreiskompensation bei der DEHSt – Quelle: Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass die Antragsfrist, abweichend von den letzten Jahren, erst zu Beginn des 3. Quartals 2022 startet und die Abgabefrist am 30. September endet.

Neue Informationen

Der konkrete Umsetzungsleitfaden der Leitlinie ist nach aktuellem Stand (11.05.2022) noch nicht von der DEHSt als zuständige Behörde veröffentlicht worden. Wir stellen Ihnen hier den neuen Leitfaden zur Antragsstellung rechtzeitig vor Beginn der neuen Antragsfrist zur Verfügung.

Wenn Sie Interesse an einer ersten Einschätzung Ihrer speziellen Beihilfehöhe haben, kontaktieren Sie uns gerne für eine persönliche Beratung.