EU-Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG – Änderungen im Jahr 2023

Die Emissionshandelsrichtlinie (EHRL) 2003/87/EG ist die zentrale Richtlinie der Europäischen Union zur Verringerung von Treibhausgasen. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen der EU, die Verpflichtung zum Klimaschutz einzuhalten. Hauptbestandteil der Richtlinie ist das Emissionshandelssystem und die damit verbundenen Anwendungsbereiche und Berichtspflichten. Die EHRL wurde im Jahr 2023 durch zwei umfangreiche EU-Richtlinien 2023/958 und 2023/959, in der Verordnung unter M14 und M15 geführt, erneut aktualisiert. Dieser Artikel befasst sich mit den wesentlichen Neuerungen.


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Änderungshistorie im Jahr 2023

Aktualisierungen im Flugverkehr

Die EU-Kommission unterstützt die Verwendung von erneuerbarem Flugkraftstoffen wie Wasserstoff, Biokraftstoffe und eFuels, indem sie die Preisdifferenz zu fossilem Kerosin zu 70 bis 100 Prozent übernimmt. Beglichen wird diese Differenz durch die Zuteilung von Emissionszertifikaten. (Artikel 3c Absatz 6) Jeder Luftfahrzeugbetreiber muss nun einen Überwachungsplan bei der zuständigen Behörde des jeweiligen Mitgliedstaates hinsichtlich der Erfassung von Emissionen anfertigen.

Integration des Schiffsverkehrs

Der Seeverkehr wird in den nächsten Jahren schrittweise an eine Bepreisung der gesamten Treibhausgasemissionen herangeführt. Die Abgabe von Emissionszertifikaten fällt im Jahr 2024 zu 40 Prozent, im Jahr 2025 zu 70 Prozent und ab dem Jahr 2026 schließlich zu 100 Prozent der verursachten Emissionen an. Dieser Anteil wird bei Fahrten zu oder von Anlaufhäfen außerhalb des Hoheitsgebiets der Union halbiert.

Die Kommission erstellt bis Ende 2026 einen Bericht über die Auswirkungen der Emissionsbepreisung von Schifffahrtsunternehmen und analysiert Potenziale zur Emissionsreduktion, insbesondere durch alternative Kraftstoffe.

Herabsetzen der Schwellenwerte emissionshandelspflichtiger Tätigkeiten

Die Schwellenwerte, ab denen Anlagen unter den europäischen Emissionshandel fallen, wurden herabgesetzt, sodass mehr Unternehmen zu dem Bezug von Emissionszertifikaten verpflichtet sind. Ab einer Gesamt-Anlagenleistung von 20 Megawatt oder einer täglichen Produktion von über 20 Tonnen (bei der Stahlherstellung sogar schon ab 2,5 t) ist eine Anlage nun Teil des EU-ETS. Da viele Anlagen so ausgelegt wurden, dass sie die alten Schwellenwerte gerade nicht überschreiten, trifft die Aktualisierung genau diese zahlreichen Anlagenbetreiber. Bestimmte Tätigkeiten fallen unmittelbar, ohne Schwellenwert in den Geltungsbereich der EHRL. So auch das aktuelle Thema der geologischen Kohlenstoffspeicherung, welches dieses Jahr in die Richtlinie mitaufgenommen wurde. Alle emissionshandelspflichtigen Tätigkeiten und die dazugehörigen Schwellenwerte sind dem Anhang I zu entnehmen.

EU-Fonds und weitere Finanzierungen

Die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten wird sich in der Zukunft sukzessive verringern. Hierfür existiert eine Übergangsfrist bis 2033. Hintergrund bildet die Etablierung des europäischen CO₂-Grenzausgleichsystems, oftmals bekannt unter dem Akronym CBAM. Hierbei müssen betroffene Sektoren beim Import CBAM-pflichtiger Waren ab dem Jahr 2026 Zertifikatskosten für Emissionen, die außerhalb der EU erzeugt wurden, tragen. Durch Verrechnung der realen Emissionen mithilfe des sog. CBAM-Faktors ist zu Beginn der CBAM-Berichtsperiode nur ein Teil der tatsächlichen Zertifikatskosten zu tragen. Dieser CBAM-Faktor wird jedoch bis zum Jahr 2033 sukzessive ansteigen sowie analog die kostenlose Zuteilung für berichtspflichtige Anlagen innerhalb des EU-ETS sinken. Hintergrund bildet das Umgehen einer Doppelförderung, bzw. die unsachgemäße Besserstellung innereuropäischer Hersteller. Der hierfür generierte CBAM-Faktor steigt daher ab 2026 von 14% bis zum Jahr 2033 stufenweise auf 100% an und soll ab 2034 überflüssig sein.

Der dadurch entstehende Überschuss an Zertifikaten sowie 425 Mio. weitere Zertifikate werden dem Innovationsfonds schnellstmöglich zur Verfügung gestellt, welcher eine effiziente Dekarbonisierung der Union fördern soll. Förderfähig sind jegliche Projekte, die eine wesentliche Emissionsreduktion direkt oder indirekt erzielen. Die Finanzierung des Ausgleichsbetrags zwischen herkömmlicher Produktionsweise und emissionsreduzierter Produktionsweise kann ebenfalls Teil des Investitionsumfangs sein. Dieser sogenannte Differenzvertrag, welcher zwischen Kommission und Hersteller geschlossen wird, darf maximal 30 Prozent des gesamten Fondsvolumens einnehmen.

Bis 2030 werden insgesamt 4,5 Prozent der Zertifikate für die Einrichtung des sogenannten Modernisierungsfonds versteigert. Ziel dieses Fonds ist die Verbesserung der Energieeffizienz und die Modernisierung der Energiesysteme wirtschaftsschwacher Mitgliedsstaaten. Der Großteil des Fonds fließt in die Unterstützung Polens. Tschechien und Rumänien erhalten ebenfalls einen großen Anteil der Unterstützung. Die genaue Verteilung kann dem Anhang IIb entnommen werden.

Die restlichen Einnahmen durch Versteigerungen von Emissionszertifikaten fließen, nach Abzug der Eigenmittel für den EU-Haushalt, in

  • die Entwicklung neuer Technologien für eine nachhaltige kohlenstoffarme Wirtschaft
  • Maßnahmen zur Verhinderung von Abholzungen
  • Kohlenstoffspeicherungen durch Forstwirtschaft und im Boden
  • Umweltverträgliche CO₂ Abscheidungen
  • Investitionen in nachhaltige Verkehrsträger
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz in der Wärme- und Kälteversorgung durch Gebäuderenovierungen
  • Finanzielle Unterstützungen für soziale Aspekte einkommensschwacher Haushalte und erneuerbaren Strom
  • die Finanzierung nationaler Klimadividendensysteme
  • Klimaschutzmaßnahmen und Anpassungen an die Folgen des Klimawandels
  • die Förderung von Umschulungen und Umstrukturierungen des Arbeitsmarktes hinsichtlich einer klimaneutralen Wirtschaft
  • die Bekämpfung von Carbon-Leakage

Die Kommission überwacht die Funktion des europäischen CO₂-Markts mit Unterstützung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und verfasst jährlich einen Bericht (Artikel 10 Absatz 5). Auch die Mitgliedsstaaten selbst werden in die Pflicht genommen und sollen sicherstellen, dass die Vergabe von Zertifikaten anderer Mitgliedstaaten ausschließlich für die Einhaltung von Pflichten vergeben werden (Artikel 12 Absatz 2).

Sanktionen

Generell sind die Mitgliedstaaten für Sanktionierungen bei Nicht-Einhaltungen der EU-Verordnung verpflichtet. Neu hinzu kam in diesem Jahr die Pflicht zur Veröffentlichung der Namen der verstoßenden Betreiber.

Bei Unterlassung der Umsetzung von Maßnahmen verpflichtender Energieaudits oder Energiemanagementsystemen werden die entsprechenden Unternehmen mit einer Kürzung von 20 % der kostenlosen Zuteilungen sanktioniert. Eine Ausnahme besteht, wenn

  • äquivalente Maßnahmen umgesetzt wurden
  • die Amortisationszeit dieser Maßnahmen drei Jahre überschreitet
  • emissionsintensive Anlagenbetreiber einen Plan zur Klimaneutralität eingereicht haben (Sehen Sie hierzu unseren Artikel vom 08.11.2023)
  • die Kosten unverhältnismäßig sind

Zusammenfassung

Die wesentlichen Änderungen durch die neuen Durchführungsverordnungen ist die Einführung des europäischen CO₂-Grenzausgleichssystems. Ebenfalls zu erwähnen ist die Integration des Schiffverkehrs in den europäischen Emissionshandel, sowie das Herabsetzen der Schwellenwerte bereits inkludierter Branchen.  Die durch die Bepreisung von Emissionen generierten Einnahmen sollen für die Modernisierung des Energiesektors der Union genutzt werden und somit den positiven Klimaeffekt stärken. Hierfür wurden der Modernisierungs- und der Innovationsfonds angelegt. Die Verordnung sieht eine stetige unionsübergreifende Überwachung der Einhaltungen, Auswirkungen und die sich ergebenden Entwicklungen durch die verabschiedeten Beschlüsse vor.


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GALLEHR+PARTNER® ist seit 2007 der erfahrene Lotse für die Wirtschaft auf dem Weg zur CO₂-Neutralität. Zu dem Kundenstamm von GALLEHR+PARTNER® gehört eine Vielzahl national und international renommierter Unternehmen. Diese berät und unterstützen wir teilweise bis zur vollständigen eigenverantwortlichen Übernahme relevanter Prozesse inkl. bei Fragen rund um die Antragstellung zur Strompreiskompensation der deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt).