GALLEHR+PARTNER® – Klimaschutzverträge Lessons Learned
Wenn energieintensive Industrieunternehmen die eigenen Produktionsverfahren dekarbonisieren, helfen Klimaschutzverträge diese Umstellung finanziell abzusichern. Das Förderprogramm basiert auf einer vertraglichen Einigung zwischen dem antragstellenden Unternehmen sowie dem Staat. Im vergangenen Jahr wurde die erste Gebotsrunde der Klimaschutzverträge erfolgreich beendet. 17 Unternehmen energieintensiver Branchen hatten hierzu Gebote zum jeweiligen Erhalt eines Klimaschutzvertrages abgegeben. Das Gesamtvolumen der Gebote betrug 5,3 Milliarden Euro. Die zweite Gebotsphase der Klimaschutzverträge soll noch in diesem Jahr beginnen.
In den vergangenen Monaten konnte das Team von GALLEHR+PARTNER® intensiv die Projektentwicklung für die kommende Gebotsphase der Klimaschutzverträge begleiten. In unserer Artikelserie „Lessons learned“ stellen wir die dabei gewonnenen Erkenntnisse vor.
Hintergrund:
Mithilfe des neuen Fördermechanismus Klimaschutzverträge etablierte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, jetzt Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), erstmalig eine innovative CAPEX- und OPEX-Förderung zur risikominimierten Errichtung von klimaneutralen Produktionsanlagen. Klimaschutzverträge dienen der Angleichung der Differenzkosten zwischen einer fossilen Produktionsanlage und der klimaneutralen Anlage über 15 Jahre. Der Fördermechanismus ist dabei so gestrickt, dass jährliche Einzahlungen die jährlichen Mehrkosten ab operativen Betrieb der transformierten Anlage mehrheitlich ausgleichen. Damit wird ein Anreiz gesetzt, benötigte Technologien und Infrastrukturen schon heute einzusetzen. Zur Antragsstellung haben teilnehmende Unternehmen ein Bieterverfahren unter marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu durchlaufen. Weitere Informationen zu den Hintergründen der Klimaschutzverträge finden Sie in unserem Beitrag: „Klimaschutzverträge – Erstes Gebotsverfahren gestartet“.
Lessons Learned für die Vorbereitung der Gebotsabgabe mit GALLEHR+PARTNER®
1. Frühzeitige Aufstellung eines breiten Projektteams sowie Integration der wichtigen Investitionsgremien
Für den Erfolg einer Gebotsabgabe ist es wesentlich, frühzeitig ein versiertes Projektteam aufzustellen und ein Projektbudget für die Einbindung externer Planer, Anlagenbauer und Weiterer aufzulegen. Zu diesem Projektteam gehört nicht nur ein technischer Projektleiter und dessen Ingenieure, sondern auch Vertreter aus Finanzen, Controlling, Recht, Energiewirtschaft und Einkauf. Zudem sollten sowohl Mitarbeiter der Hauptverwaltung als auch Mitarbeiter der betroffenen lokalen Werke gemeinsam die Ausarbeitung vornehmen. Das Projektteam sollte sich nicht nur zum Ziel setzen, ein technisches und ökonomisches Konzept zu entwickeln, sondern ebenfalls eine frühe Abstimmung mit den internen Investitionsgremien anzustreben. Dadurch können Investitionsentscheidungen rechtzeitig vorbereitet und notwendige interne Genehmigungen eingeholt werden. Dies vermeidet Verzögerungen im Prozess und sorgt dafür, dass alle Förder- und Vertragsdetails intern bekannt sind. Die Investitionsgremien können so von Beginn an auf einer fundierten Entscheidungsgrundlage agieren.
2. Frühzeitige Identifizierung von Projektrisiken und Berücksichtigung im technischen Entwicklungsprozess
Eine Risikoanalyse sollte bereits in der Konzeptphase beginnen. Typische Projektrisiken bei zu transformierenden Produktionsanlagen umfassen Lieferverzögerungen von notwendigen Anlagenkomponenten, verfahrenstechnische Probleme, Überbelastung der externen und internen Elektroinfrastrukturen, unklare regulatorische Rahmenbedingungen oder Preisvolatilität bei Energie und Rohstoffen. Eine strukturierte Risikomatrix hilft dabei, Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenspotenziale systematisch zu bewerten. Daraus lassen sich gezielte Gegenmaßnahmen ableiten, die frühzeitig in den technischen Entwicklungsprozess zurückfließen und ausgearbeitet werden können. Eine frühzeitige Risikoanalyse verhindert nicht nur unangenehme Überraschungen bei der Umsetzung des Projekts, sondern erhöht auch das Vertrauensniveau bei Entscheidungsträgern und relevanten Stakeholdern. Dabei sollte die Risikoabschätzung regelmäßig aktualisiert werden, um neue Erkenntnisse zeitnah einzubinden. Auf diese Weise bleibt das Projekt lösungsorientiert.
3. Entwicklung von zwei optimierten Reduktionspfaden: Min und All-in
Für die Ausarbeitung des Gebots ist es sinnvoll, zwei Reduktionsszenarien technisch parallel zu entwickeln und ökonomisch zu bewerten: ein „Min“-Szenario, welches sich an dem Mindestreduktionspfad eines Klimaschutzvertrages orientiert, und ein „All-in“-Szenario mit dem frühestmöglichen operativen Beginn aller Anlagenkomponenten. Das „Min“-Szenario zeigt, welche Förderhöhe selbst bei konservativer Auslegung für ein wirtschaftliches Ergebnis notwendig wäre. Ebenso lässt sich mit dem „Min“-Szenario ein minimaler Kapitaleinsatz oder eine möglichst geringe technische Komplexität erreichen. Das „All-in“-Szenario hingegen verdeutlicht das volle Potenzial der Anlage in Bezug auf CO₂-Reduktion und maximaler Fördersumme unter frühestmöglichen Einsatzes aller geplanten Technologien und Investitionen. Dieses Szenario kann dazu beitragen, ein ambitioniertes, zukunftssicheres Projektbild zu präsentieren, das auch zusätzliche Erlöspotenziale erschließen kann. Diese doppelte Perspektive bietet dem Unternehmen Entscheidungsspielraum und unterstützt strategische Überlegungen zur langfristigen Klimaneutralität. Zudem erleichtert sie die Argumentation gegenüber Förderstellen und internen Entscheidungsträgern. So lassen sich Kosten, Nutzen und Risiken transparent gegenüberstellen.
4. Technische Auslegung anhand bestehender Energiemarktentwicklungen – Resilient, flexibel und effizient
Die Auswahl der neuen, dekarbonisierten Produktions- und Verfahrenstechnik muss die zukünftigen Entwicklungen auf den Energiemärkten berücksichtigen. Dazu gehört die Analyse und Abschätzung von Trends bei Strom- und Brennstoffpreisen, bei CO₂-Zertifikatspreisen im EU-ETS sowie beim weiteren Ausbau von erneuerbarer Energien. Insbesondere sollte die Entwicklung der Leistungspreise für Strom und Erdgas systematisch beobachtet werden, da diese Kostebestandteile einen erheblichen Einfluss auf die laufende Wirtschaftlichkeit haben können. Auch weitere Nebenkosten bei der Nutzung von Energieträgern – wie Umlagen, Abgaben und Steuern – sind in die langfristige Planung einzubeziehen. Änderungen bei diesen Kostenbestandteilen können die Betriebskosten deutlich verändern und sollten in unterschiedlichen Szenarien simuliert werden.
Technologien, die auf Flexibilität hinsichtlich der benötigten Netzleistung setzen oder die Möglichkeit zur Nutzung unterschiedlicher Energiequellen bieten, erhöhen die Resilienz gegenüber Marktschwankungen. Die Integration von Speichersystemen oder Lastmanagementlösungen können helfen, auf zukünftige Sondernetzentgelte und volatile Märkte zu reagieren. Effizienzsteigerungen, beispielsweise durch Wärmerückgewinnung, Prozessoptimierungen oder Wärmepumpen zur Wärmebereitstellung, wirken zusätzlich kostendämpfend. Eine technologische Offenheit verhindert teure Umrüstungen in der Zukunft und erhöht die Investitionssicherheit. Damit wird die Anlage nicht nur potenziell klimaneutral, sondern langfristig auch ohne Klimaschutzvertrag wirtschaftlich tragfähig.
5. Integration des Finanzierungskonzepts in die Rentabilitätsberechnung
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sollte nicht isoliert von der Finanzierungsplanung erfolgen. Fördermittel, Eigenkapitalanteil, Fremdfinanzierung und mögliche steuerliche Vorteile müssen in einem integrierten Ansatz abgebildet werden. Durch die Integration der Finanzierungsstruktur in die Rentabilitätsberechnung lassen sich die Auswirkungen von Zins- und Tilgungsplänen realistisch bewerten. Eine enge Abstimmung zwischen Finanz- und Projektteam ist hierbei unerlässlich.
Ebenso können sogenannte „Eh-da“-Kosten, also ohnehin anfallende Kosten für die Anlageninstandhaltung, in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mitberücksichtigt werden. Hierdurch lassen sich Differenzkosten reduzieren und so die Wettbewerbsfähigkeit des Gebots steigern.
6. Sensitivitätsanalyse – Welche Parameterentwicklungen führen zu einer negativen Rentabilität?
Eine umfassende Sensitivitätsanalyse ist ein zentrales Werkzeug, um die Stabilität der Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu überprüfen. Dabei werden die wichtigsten Einflussgrößen – wie Energiepreise, CO₂-Zertifikatspreise, Produktionsvolumen, Netzentgelte oder auch die Fördermittelhöhe – systematisch variiert. Ziel ist es, die Schwellenwerte zu identifizieren, bei deren Überschreitung das Projekt nicht mehr rentabel betrieben werden kann. Diese Erkenntnisse ermöglichen es, gezielte Gegenmaßnahmen in die Projektentwicklung zu integrieren, etwa durch langfristige Lieferverträge oder technische Anpassungen. Sie dient als Frühwarnsystem und erhöht die Widerstandskraft des Projektes gegenüber externen Entwicklungen.
Hinweis:
GALLEHR+PARTNER® unterstützt Sie bei Bedarf vollumfänglich im Rahmen Ihres Transformationsprojekts
Unsere Unterstützung im Bereich Industrietransformation:
- Techno-ökonomische Strategieberatung für energieintensive Industrie
- Projektmanagement inklusive Risiko- und Stakeholdermanagement
- Nutzung bestehender CAPEX- und OPEX Förderregime (Klimaschutzverträge, BIK und EU-Innovationfund)
- Durchführung einer Vollkostenkalkulation zur Bestimmung der finanziellen Risikoposition inkl. Berücksichtigung weiterer Fördermittel
- Koordination von beteiligten Projektpartner (Behörden, Rechtsberater, Anlagenbauern und Energielieferanten)
- Energiemarktprojektionen
- BMWE – Klimaschutzverträge
- Transformationsplan nach Modul 4 EEW
Unsere Unterstützung im Bereich Klimaschutzverträge:
- Klimaschutzverträge: 360°- Begleitung während dem vorbereitenden Verfahren und der Gebotsphase
- Darlegung des Klimaschutzvertrags-Fördermechanismus und anderen Förderregime (BIK, EU-Innovationfund)
- KSV-Projektmanagement inklusive Risiko- und Stakeholdermanagement
- Durchführung einer Vollkostenkalkulation zur Bestimmung der finanziellen Risikoposition inkl. Berücksichtigung weiterer Fördermittel
- Simulation der jährlichen Vertragseinzahlungen
- Hilfestellung bei der Gebotspreis-Bestimmung
- Strukturierung und Erstellung der erforderlichen Antragsmodalitäten
- Unterstützung bei den Berichtspflichten während der Vertragslaufzeit
Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne direkt zur Verfügung. Sprechen Sie uns gerne an.
GALLEHR+PARTNER® ist seit 2007 der erfahrene Lotse für die Wirtschaft auf dem Weg zur CO₂-Neutralität. Zu dem Kundenstamm von GALLEHR+PARTNER® gehört eine Vielzahl national und international renommierter Unternehmen. Diese berät und unterstützt GALLEHR+PARTNER® teilweise bis zur vollständigen eigenverantwortlichen Übernahme relevanter Prozesse.